Vor einigen Jahren wanderte meine Cousine mit ihrem Mann nach China aus. Sie ließen sich damals in Ningbo nieder. Uns war diese Stadt zu diesem Zeitpunkt gänzlich unbekannt. Im Westen kennt man natürlich die weltberühmten Millionenmetropolen wie Peking, Hongkong oder Shanghai, welche wir auch bereisen sollten, aber die „Kleinstädte“ Chinas kennen nur die wenigsten. Ach ja Apropos Kleinstadt…. Nebenbei bemerkt hat Ningbo gerade mal 8 Millionen Einwohner. Diese Zahl steigt allerdings die letzten Jahre rasant an. Und um gleich noch über die Lage Ningbos zu sprechen… Sie ist eine Vorstadt von besagter Großstadt Shanghai.

Es wohnen aufgrund dieser Lage besonders viele Ausländer in Ningbo. Innerhalb rund 2,5 h ist man in Shanghai. Besonders wichtig ist dies vor allem für die geschäftlich in China ansässigen Ausländer, da in und um Shanghai die meisten Firmen agieren. Shanghai soll nämlich im kommunistischen Plan Chinas die geschäftliche Brücke in den Westen bilden.

Geschichte Ningbos

Schon vor tausenden Jahren wurde Ningbo gegründet. Auch hier spielte die besondere Lage eine wichtige Rolle. Ningbo liegt im Delta mehrerer Flüsse direkt am Meer. Schnell wurde die Stadt einer der Dreh- und Angelpunkte der Schiffahrt Chinas.

Besonders die Geschäfte mit Korea und Japan aber auch mit den Philippinen sowie Taiwan, den Portugiesen und Niederländern in den späteren Zeiten waren hier sehr wichtig. Piraterie und Schmuggel nehmen in Ningbos Vergangenheit ebenfalls einen größeren Platz ein. Auch in den Kriegen mit Japan spielte Ningbo und dessen Lage sehr oft eine entscheidende Rolle und war meist die Heimat der Flotte Chinas.
Ningbo verlor jedoch mit dem Aufstieg Shanghais im 20. Jahrhundert immer mehr an Einfluss. In den Letzten Jahren hingegen mausert sich die Stadt zu einem wirtschaftlichen und kulturellen Hotspot.

Die Anfahrt über die zweitgrößte Brücke der Welt

Aber der Reihe nach… Wir kamen mit dem PKW aus Shanghai. Hierbei überquert man übrigens die 2. längste Brücke der Welt, die Hangzhou-Bay-Bridge mit etwa 36 km!!! Länge. An schönen sonnigen Tagen soll man hier auf der Mitte dieses unvorstellbaren Bauwerks nur das Meer und die Brücke selbst sehen. Wir hatten leider einen nebeligen Morgen erwischt, so sahen wir außer ein wenig grauem Wasser nicht viel. Mitte September gibt es hier die weltgrößte Gezeitenwelle, den sogenannten „silbernen Drachen„. Zu diesem weltweit einzigartigen Spektakel pilgern jährlich hundert tausende Schaulustige.

Die Fahrt an sich ist soweit relativ unspektakulär. Das einzige was einem immer wieder extrem ins Auge sticht sind die riesigen und unzähligen Baustellen neben den Straßen. Teils 100 Baukräne stehen pro Baufeld. Man kann es kaum fassen.

In Ningbo angekommen wurden wir erstmal sehr nett von meiner Cousine begrüßt, die uns während unseres Aufenthalts des Öfteren zu helfen wusste, so viel sei schonmal vorweg genommen. Am ersten Tag bezogen wir nur noch kurz unser Hotel und gingen essen.

Man merkte sofort, dass man hier viel mehr Kontakt mit den Einheimischen bekommen wird. Es wurde viel weniger Englisch gesprochen als noch in Shanghai und Hongkong. Viele Restaurants hatten ausschließlich chinesische Karten. Zum Glück waren diese wenigstens zu etwa 90 Prozent bebildert.

So konnte zumindest weitestgehend verhindert werden, dass man sich unbeabsichtigt ungewünschte Sachen bestellte.
Am Abend ging es für uns um die Ecke in eine kleine Bar. Dort waren rund herum zick Kühlschränke aufgebaut in denen es Biere aus aller Welt gab. Man konnte sich selbst bedienen und am Ende bezahlte man einfach pro Flasche die am Tisch stand. Eigentlich ein wirklich cooles System für jeden der gerne neue Getränke probiert und sich auch mal an einen Test wagen will.

Am nächsten Morgen wurde im Hotel gefrühstückt. Im Anschluss sind wir von meiner Cousine zu unserer ersten Sightseeing Tour in Ningbo gebracht worden.

Die Innenstadt Ningbos

Diese begann am Moon Lake mitten in Ningbo. Wir schlenderten bei schönstem Wetter einmal um den wunderbaren See. Schossen hier ein Foto, machten dort ein Selfie und bewunderten die schön gepflegte „Küste“ rundherum. Gefühlt waren wir hier auch die einzigen Touristen. Man muss dabei offen zugeben, dass wir nach dem Spektakel in Shanghai die Tage in Ningbo sehr genossen. Für chinesische Verhältnisse lief hier nämlich alles eher ruhig ab. Ningbo besitzt unserer Ansicht nach, obwohl eine Millionenmetropole, verglichen mit anderen Städten Chinas Kleinstadtflair.
Als die Runde um den See sich dem Ende näherte, ging es für uns weiter zum Essen. Auf dem Weg dorthin lag nördlich der „Drum Tower„. Dieser ansehnliche Turm ist der Eingang zu einer kleinen Einkaufsmeile mit diversen Teehäusern und Restaurants. Da es bei uns zu diesem Zeitpunkt leider zu regnen begann, ließen wir den weiteren Nachmittag hier ausklingen und begaben uns am Ufer des Yuyao Rivers zurück Richtung Hotel.
Den zweiten Abend sollten wir (leider das einzige Mal in diesem Urlaub) in einer typischen Disko in Laowaitan verbringen.

Ningbo Moon Lake Park
Ningbo Park

Das Partyviertel von Ningbo

Laowaitan ist das Party und Vergnügungsviertel in Ningbo. Hier reihen sich Bars, Cafés, Karaokebars und Diskotheken aneinander. Wer in Ningbo ist, sollte hier in jedem Fall vorbei schauen. An jedem Tag der Woche ist hier Halligalli angesagt und es wird sicher nicht langweilig.

Am südlichen Eingang nach Laowaitan befindet sich eine von den Portugiesen erbaute katholische Kirche die um 2000 abgebrannt ist. Kurzerhand wurde diese innerhalb eines halben Jahres wieder komplett restauriert und als Tourist fällt einem das nicht mal auf. Es sieht dort tatsächlich wie in einem europäischen und christlichen Land aus. Ein komischer Kontrast der aber auch die teilweise Offenheit der Chinesen widerspiegelt.

Wie oben beschrieben ging es für uns an diesem Abend in eine Diskothek. Um eines vorweg zu nehmen… Die Chinesen können feiern. Wir stellten uns in die Reihe vor dem Club und warteten gespannt auf den Einlass, als uns plötzlich ein Mitarbeiter am Arm nahm und uns an allen vorbei lotste. Verdutzt folgten wir ihm und wunderten uns, wieso wir nicht wie die übrigen Gäste Eintritt bezahlten… Uns wurde dann von besagtem Mitarbeitet ein Tisch frei gemacht und sofort wurden wir gefragt was wir denn trinken wollen. Vorsichtig und etwas überfordert, nach dem Motto, wieso wir? Bestellten wir uns ein Bier (wohlgemerkt das billigste Getränk auf der Karte 🤣).

Der Club sah sehr modern aus, die Technik war selbstverständlich auf dem neuesten Stand und die Musik (Dubstep, Drum and Bass, sowohl westliche als auch chinesische Popmusik) unglaublich laut. Es war extrem viel los und die Stimmung sehr ausgelassen. Wie gesagt sie verstehen es Party zu machen. Für uns war es in allem ein sehr gelungener Abend und wir empfehlen jeden der in China ist mal eine Diskothek zu besuchen. Man hat auf jeden Fall seinen Spaß dort.

Drum Tower Ningbo

Das Yinzhou Museum

Am nächsten Tag ging es dann etwas müde und noch verkatert in eines der Highlights von Ningbo, dem Yinzhou- oder auch Ningbo-Museum. Schon allein das Gebäude mit der wahnsinnig schönen Dachterrasse ist einen Besuch wert. Im Eingangs Bereich befindet sich jedes Monat eine andere Ausstellung. Bei uns ging es um Dinosaurier. Die Detailvielfalt hat uns wirklich beeindruckt und wir waren positiv überrascht, dass auch eine englische Übersetzung bei den meisten zur Schau gestellten Exponaten zu finden war.

Die Obergeschosse stellen die Geschichte Ningbos und auch Chinas dar. Hier wird den Besuchern unter anderem erklärt, dass die Weltmetropole Shanghai von Fischern aus Ningbo gegründet wurde. Wie die Handelsrouten vor Jahrhunderten verliefen, welche Waren mit den Europäern gehandelt wurden und welche Auswirkungen die Piraterie auf die Handelsstadt Ningbo hatte.

Auch gesellschaftliche Besonderheiten werden den Besuchern näher gebracht. Hier ist beispielsweise interessant, dass alle Mädchen aus Ningbo per Dekret eines ehemaligen Kaisers als Prinzessinnen angesehen werden.

Yinzhou Museum Ningbo
Yinzhou Museum Ningbo

Fazit zu Ningbo

Als Fazit kann man Ningbo jedem als Stopover ans Herz legen, um einmal mehr als nur an der chinesischen Oberfläche (wie man sie beispielsweise in Hongkong, Shanghai oder Peking erlebt) zu kratzen. Es ist alles etwas „kleiner“ und „familiärer“. Ob man jetzt 5 Tage wie wir dort verbringen muss, ist jedem selbst überlassen. Da aber einer der Hauptgründe für unseren China Aufenthalt eben der Besuch meiner Cousine war stand dies für uns außer Frage.
Im Endeffekt ist Ningbo ein wirklich schöner Ort den man sich ohne Bedenken anschauen kann und auch sollte.

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