Ein historischer Überblick über die Geschichte und die Verfassung Spaniens und über den ewigen Konflikt zwischen Katalonien und Madrid
Madrid gegen Barcelona…
Ein Duell des FC Barcelona gegen Real Madrid ist für Fußballfans aller Länder stets ein besonderes Highlight, egal ob sich die beiden Top Mannschaften in der heimischen Liga um die spanische Meisterschaft treffen oder in der Champions League um die Krone im europäischen Vereinsfußball kämpfen.
Auch in der spanischen Innenpolitik geraten Madrid und Barcelona immer wieder aneinander, keimt doch in Katalonien schon seit Jahrhunderten immer wieder der Wunsch nach einer Abspaltung von Spanien und der Anerkennung als ein eigenständiges Land hoch. Ein Wunsch, der sich im Jahre 2017 zu einem heftigen Konflikt hochgeschaukelt hat.
Die Verfassung Spaniens
Um den innenpolitischen Konflikt zwischen zwischen Madrid und Barcelona zu verstehen, muss man zunächst einen Blick auf die Geschichte und die Verfassung Spaniens werfen. Spanien ist eine parlamentarische Erbmonarchie und ist gegliedert in 17 autonome Gemeinschaften sowie in die zwei autonomen Städte Ceuta und Melilla, welche zwar in Marokko liegen, jedoch offiziell zu Spanien gehören. Madrid ist Hauptstadt Spaniens sowie der gleichnamigen autonomen Gemeinschaft Madrid und liegt zentral in der Mitte Spaniens. Barcelona ist die Hauptstadt Kataloniens, der wirtschaftsstärksten autonomen Gemeinschaft Spaniens.
Den einzelnen autonomen Gemeinschaften bzw. Städten sind durch die spanische Verfassung jeweils individuelle Freiheiten in regionaler Gesetzgebung und Gesetzesvollzug zugesprochen. Nach ihrem Art. 2 gründet sich die spanische Verfassung auf „die unauflösliche Einheit der spanischen Nation, gemeinsames und unteilbares Vaterland aller Spanier, und anerkennt und gewährleistet das Recht auf Autonomie der Nationalitäten und Regionen, die Bestandteil der Nation sind, und die Solidarität zwischen ihnen“.
Bis zu einem gewissen Grad kann das spanische System der autonomen Gemeinschaften mit dem föderalen System der Bundesrepublik Deutschland verglichen werden, in welchem die einzelnen Bundesländern jeweils eigene Landesregierungen und Landesverfassungen besitzen, aber dennoch dem übergeordneten Bund und dem Grundgesetz der Bundesrepublik untergeordnet sind. Wesentlicher Unterschied ist jedoch, dass die autonomen Gemeinschaften in Spanien keinen Einfluss auf die gesamtstaatliche Gesetzgebung nehmen können, wie es hingegen die einzelnen Bundesländer in Deutschland über den Bundesrat können.
Und hier beginnt auch schon der Brennpunkt der spanischen Innenpolitik, denn einige der spanischen Gemeinschaften fühlen sich trotz ihres Autonomiestatus von der spanischen Regierung in Madrid bevormundet und nicht unabhängig genug.
Trotz des bundesstaatlichen Systems hierzulande fühlen sich die Bewohner/innen der einzelnen deutschen Bundesländer zumeist der übergeordneten deutschen Nation zugehörig und würden sich in erster Linie wohl als „Deutsche/r“ bezeichnen. Im Gegensatz dazu herrscht in einigen der autonomen Gemeinschaften Spaniens, vor allem in Katalonien, ein sehr viel größeres nationales Selbstwertgefühl und man fühlt sich in erster Linie eben nicht als „Spanier/in“, sondern vielmehr der jeweiligen Gemeinschaft als einer eigenen Nation zugehörig.
Katalonien ist eine der autonomen Gemeinschaften, welche aufgrund ihrer eigenen Sprache, dem Katalanischen, und ihrer individuellen Kulturen und Bräuche wohl am stärksten nach Autonomie und Unabhängigkeit strebt und sich als eigenständige Nation ansieht. Über Jahrhunderte in der Geschichte hinweg hat Katalonien stets versucht, deine Individualität zu bewahren.
Die Geschichte Kataloniens
Nachdem sich Katalonien im Mittelalter zu einem bedeutenden Handelszentrum und einer mediterranen Weltmacht entwickelt hat, verlor es im 16. Jahrhundert seine Unabhängigkeit, als eine Vielzahl einzelner Regionen zum Königreich Spaniens vereint wurden. Jedoch sicherte sich Katalonien bereits damals seine innere politische Eigenständigkeit. Seitdem versuchte Katalonien immer wieder doch stets erfolglos seine einstige Unabhängigkeit zurück zu erlangen.
Am härtesten hat es Katalonien wohl im faschistischen Regime unter Diktator Francisco Franco erwischt. Als Franco im spanischen Bürgerkrieg 1939 die Macht erlangte, schaffte er sogleich sämtliche Autonomierechte aller spanischer Regionen ab und unterdrückte rigide jedwede Autonomiebestrebungen in ganz Spanien. Darüber hinaus wurde gar die Ausübung der katalanischen Sprache in der Öffentlichkeit streng verboten.
Als nach über drei Jahrzehnten teils gewaltsamer Unterdrückung jedweder Individualität, lokaler Kulturen und Sprachen der faschistische Diktator Franco im Jahre 1975 starb, war der Wunsch nach einem politischen Neuanfang übergroß und so folgte in den Jahren nach Francos Tod der Übergang Spaniens in die Demokratie. In diesen Jahren des Umbruchs war der Wunsch vieler Regionen Spaniens, allen voran Kataloniens, groß, ihre frühere Autonomie zurückzuerlangen.
Als die spanische Verfassung entstand
In dieser Zeit entsandt die spanische Verfassung, deren Artikel 2 wie oben erläutert, „das Recht auf Autonomie der Nationalitäten und Regionen“ anerkennt und gewährleistet, zugleich aber auch „die unauflösliche Einheit der spanischen Nation“ fordert. Die Verfassung erlaubt also den einzelnen autonomen Gemeinschaften bis zu einem gewissen Grad sich selbst zu verwalten, fordert aber gleichzeitig, dass die einzelnen Gemeinschaften untrennbar zu der übergeordneten, spanischen Gesamtnation gehören und sich von dieser nicht abspalten dürfen.
Die spanische Verfassung stellt somit einen Kompromiss dar, um die über Jahrhunderte brüchig gewordene Einheit der spanischen Gemeinschaften zu bewahren und den spanischen Staat zu erhalten und den einzelnen Gemeinschaften dabei ihre Individualität und Eigenständigkeit zuzusprechen.
Die Verfassungskrise in Katalonien im Jahre 2017
Trotz oder vielleicht gerade wegen der Autonomieregelung der spanischen Verfassung brodelten auch in den jüngeren Vergangenheit immer wieder Unabhängigkeitsbestrebungen in Katalonien hoch, fühlte sich Katalonien von der spanischen Regierung in Madrid oftmals bevormundet und benachteiligt. Diese Bestrebungen schaukelten sich zuletzt 2017 zu einer Verfassungskrise hoch, als der Ministerpräsident der katalanischen Autonomieregierung Carles Puigdemont ein äußerst umstrittenes Referendum in Katalonien durchführen ließ, in welchem angeblich 90% der Wähler/innen für eine Unabhängigkeit Kataloniens stimmten, woraufhin Puigdemont Katalonien als unabhängige Republik ausrief. Das spanische Verfassungsgericht erklärte dieses Referendum jedoch für verfassungswidrig. Puigdemont und die katalanische Regionalregierung wurden daraufhin von dem spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy abgesetzt. Als nach Neuwahlen Mitte 2018 eine neue Regionalregierung ernannt wurde, wurde ein (vorläufiger) Schlussstrich unter die Katalonien Krise gesetzt.
Doch die jahrhundertelange Geschichte zeigt, dass die Beziehungen zwischen der Regionalregierung in Barcelona und der Nationalregierung in Madrid stets auf sehr dünnem Eis bewegen und dass es jederzeit wieder zu einer Eskalation kommen kann.
Ein optimistisches Schlusswort
Trotz der Rivalität liefen Proteste, Demonstration und Kundgebungen während der Katalonien Krise stets friedlich ab und es kam nie zu gewalttätigen Ausschreitungen. Ein Sicherheitsrisiko für Einheimische sowie Touristen bestand somit zu keiner Zeit. Eine Reise nach Madrid und Barcelona sei jederzeit wärmstens ans Herz gelegt, um diese beiden Städte als Repräsentanten der rivalisierenden Parteien kennen zu lernen. Madrid und Barcelona könnten wohl nicht unterschiedlicher sein. Jede dieser beiden Metropolen besitzt ihre ganz eigenen Reize und bietet ihren Besuchern eine individuelle Welt, in die es sich einzutauchen lohnt.
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